KursKontakte: „Matriarchat und der Weltfrieden“
Peggy Reeves Sanday berichtet über die Lehren der Minangkabau in Indonesien.
Dass Matriarchat „Frauenherrschaft“ bedeutet, ist ein großes Missverständnis, wie die Anthropologin Peggy Reeves Sanday belegt. Für eine friedliche Gesellschaft kommt es gerade nicht auf Herrschaft an, sondern auf Werte, die dem Frieden dienen. Die Sozialordnung der von Reeves Sanday erforschten matrilinearen Gesellschaft der Minangkabau in IndoÂnesien basiert auf Werten wie Pflege des Lebens, Schutz der Schwächeren und VerhandlungsbereitÂschaft. Es ist eine soziale Hochkultur, deren grundlegende Anschauungen den hohen Idealen der westlichen Demokratien entsprechen – weit entfernt von einem angeblich frühen Stadium der MenschÂheitsevolution, zu dem matriarÂchale Gesellschaften häufig herabgewürdigt werden.
Die Minangkabau sind als eine der größten ethnischen Gruppen Indonesiens, die in ihrer Heimatprovinz in West-Sumatra ungefähr vier Millionen Menschen zählt, für ihr matrilineares Sozialsystem und ihre matriarchalen Werte bekannt, obwohl sie dem Islam angehören. In Indonesien sind sie außerdem für ihre Geschäftstüchtigkeit und ihr literarisches Flair berühmt. Sie haben Banken, Buchläden und Institutionen für höhere Schulbildung in den Städten sowie Schulen und Schulspeisung in den Dörfern. Das macht diese moderne Gesellschaft umso interessanter in einer Welt, die von Konflikten, Streit und männlicher Dominanz geprägt ist. Von 1981 bis 1999 besuchte ich West-Sumatra fast jedes Jahr, um herauszufinden, was die Minangkabau unter ihrem „Adat-Matriarchat“ verstehen, ein Begriff, den sie für ihre matriarchalen Bräuche benutzen. Im Folgenden untersuche ich die Beziehung zwischen diesen Bräuchen und der Friedfertigkeit des gesellschaftlichen Lebens der Minangkabau. Ich möchte zeigen, dass sich matriarchale Werte aus einer Gesellschaftsphilosophie ergeben, in welcher der Schwerpunkt auf Kooperation liegt…weiterlesen